„Ich muss meine Privilegien nutzen, um andere Frauen zu unterstützen“
In Deutschland im Einsatz für Frauenrechte weltweit
Deutschland ist die größte Volkswirtschaft Europas und die viertgrößte der Welt. Der Einfluss auf die internationale Gemeinschaft, auf ihren Umgang mit sexualisierter Kriegsgewalt und ihre Unterstützung für Überlebende ist entsprechend groß. medica mondiale begleitet die Arbeit der Bundesregierung kritisch.
Sexualisierte Kriegsgewalt auf die Agenda setzen
Seit langem setzen wir uns für eine feministische deutsche Außenpolitik bei der Bekämpfung sexualisierter Kriegsgewalt ein. Im Blick haben wir aber auch den Einsatz gegen patriarchale Strukturen im Inland, zum Beispiel durch die Umsetzung der Istanbul-Konvention.
Deutschland und der Einsatz für Frauenrechte
Deutschland ist u. a. durch seine Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen (UN) und seine Vergangenheit dazu verpflichtet, sich für die Einhaltung von Frauenrechten und ein Ende sexualisierter Gewalt einzusetzen. Das Bekenntnis zu einer feministischen Außenpolitik ist ein Schritt in die richtige Richtung.
In Resolutionen – wie beispielsweise die Resolutionen 1820 oder 1325 – haben die Vereinten Nationen konkretisiert, wie sich ihre Mitgliedstaaten für Frauenrechte und gegen sexualisierte Kriegsgewalt einsetzen müssen.
Teil dieses Rechtsrahmens bildet die Istanbul-Konvention. 2011 schuf der Europarat mit diesem völkerrechtlichen Abkommen das stärkste frauenpolitische Instrument, das es aktuell in Europa gibt. Dennoch benötigte die Bundesregierung bis Oktober 2022, um sich zur vollständigen Umsetzung zu verpflichten. Mittlerweile gibt es zwar Hilfetelefone, aber es fehlt an wirksamen Präventionsmaßnahmen wie Trainings und Sensibilisierung der Personen, die mit gewaltbetroffenen Frauen arbeiten.
Zur Themenseite „UN-Resolution 1325 Frauen, Frieden, Sicherheit“
Im Koalitionsvertrag, den SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen 2021 unterzeichneten, bekräftigten die Regierungsparteien ihr Bekenntnis zu einer „Feminist Foreign Policy“. Außenministerin Annalena Baerbock will den Fokus nicht nur auf Frauen und Mädchen legen, sondern auch die Perspektiven und Bedarfe weiterer diskriminierter Gruppen in den Blick nehmen. Bezüglich der Bekämpfung von sexualisierter Gewalt in bewaffneten Konflikten greifen die Leitlinien, die das Außenministerium im Frühjahr 2023 veröffentlichte, allerdings zu kurz. Es reicht nicht, einzelne Leuchtturmprojekte zu fördern. Vielmehr müssen die Ursachen und Kontinuum der Gewalt in den Blick genommen werden. Es gilt, strukturelle Diskriminierung und das Machtungleichgewicht in patriarchalen Gesellschaften zu überwinden.
medica mondiale
Arbeitsschwerpunkte: informieren, sensibilisieren, weiterbilden
Um unser Ziel – eine Welt ohne Gewalt für Mädchen und Frauen – zu erreichen, setzen wir uns neben unserer Arbeit in den Projektregionen auch gegenüber der deutschen Politik und Öffentlichkeit dafür ein, dass sexualisierte Kriegsgewalt als Problem erkannt und bekämpft wird. Wir engagieren uns für eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik, bieten Fortbildungen im stress- und traumasensiblen Ansatz und klären über sexualisierte Kriegsgewalt und ihre Ursachen auf.
Öffentlich auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam machen
Wir informieren die Öffentlichkeit über patriarchale Strukturen, geschlechtsspezifische Ungerechtigkeit sowie Hintergründe und Folgen von sexualisierter Gewalt. Wir sensibilisieren durch Kampagnen wie
- „Zeit zu sprechen“ (2005),
- „Im Einsatz“ (2008-2011),
- „Kein Krieg auf meinem Körper“ (2018) oder
- „Niemals nur Geschichte“ (2020).
Wir diskutieren bei Spenden- und Protestaktionen und referieren auf Vorträgen. Über unsere Social-Media-Kanäle, im Spender:innen-Magazin memo und auf unserer Webseite informieren wir über Aktuelles rund um sexualisierte Gewalt, ihre Ursachen und Folgen. medica mondiale arbeitet vor allem mit anderen Organisationen in feministischen Netzwerken. Unser Ziel: Menschen dazu ermutigen, aktiv Verantwortung für eine gerechte Welt zu übernehmen.
Sexualisierte Kriegsgewalt auf die politische Agenda setzen
Durch Fachveranstaltungen, in Gesprächen mit Politiker:innen, aber auch in Positionspapieren und Offenen Briefen bringt medica mondiale das Thema sexualisierte Kriegsgewalt auf die politische Tagesordnung.
Wir entwickeln Strategien, um sexualisierte Gewalt zu verhindern. Und wir verlangen von Entscheidungsträger:innen konkretes Handeln. Denn Deutschland muss die internationalen Abkommen zum Schutz von Frauen vor sexualisierter Gewalt einhalten und konsequent umzusetzen: 2017 nahm das Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) beispielsweise auch dank des Einsatzes von medica mondiale den traumasensiblen Ansatzes in seinen Gender-Aktionsplan auf. Und 2021 forderte medica mondiale nach der Machtübernahme der Taliban von der Bundesregierung, ihrer Verantwortung gegenüber den afghanischen Frauenrechtsaktivist:innen gerecht zu werden, sie zu schützen und zu unterstützen.
Mit der Veröffentlichung wissenschaftlicher Studien und Dokumentationen – etwa über den Umgang mit Zeug:innen vor internationalen Gerichtshöfen (2009) oder zu den Langzeitfolgen von Kriegsvergewaltigungen in Bosnien und Herzegowina (2014) – hat sich medica mondiale als international anerkannte Expertin im Bereich sexualisierter Kriegsgewalt etabliert.
Fortbildung: kompetente und traumasensible Begleitung von Überlebenden
Patriarchale Einstellungen und Machtstrukturen erschweren Überlebenden die Bewältigung traumatischer Erfahrungen. Durch Qualifizierung wollen wir Fachkräften eine stress- und traumasensible Haltung im Umgang mit den Folgen von Gewalt und Traumatisierungen vermitteln. Dafür bieten wir in den Projektregionen, aber auch in Deutschland Fortbildungen und Vorträge an.
Die Fortbildungen richten sich schwerpunktmäßig an Fachkräfte der internationalen Zusammenarbeit, speziell Friedensarbeit, sowie Studierende international ausgerichteter Studiengänge. medica mondiale bildet auch Trainer:innen und Multiplikator:innen zum Thema Stress- und Traumasensibilität aus.
Für Fach- und Führungskräfte sowie Aktivist:innen bieten wir Fortbildungen und Vorträge zu Personal- und Selbstfürsorge an.
Feministische Netzwerke stärken
Gemeinsam stärker: medica mondiale ist Teil verschiedener Netzwerke und arbeitet mit anderen Frauen- und Fachorganisationen zusammen. In Deutschland sind das unter anderem das Bündnis Istanbul-Konvention, das Forum Menschenrechte, VENRO und der Arbeitskreis Frauengesundheit. Gemeinsam setzen wir uns dafür ein, sexualisierte Gewalt zu bekämpfen und die Bedarfe von Überlebenden auf die politische Agenda zu setzen.
(Stand: 06/2023)