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26. Februar 2024 - Kommentar

Bilanz: Ein Jahr Leitlinien für eine feministische Außenpolitik

Vor einem Jahr hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock die Leitlinien für eine feministische Außenpolitik vorgestellt. Diese haben unter anderem zum Ziel, die Rechte, Repräsentanz und Ressourcenausstattung von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen zu verbessern. medica mondiale hat die Verabschiedung der Leitlinien begrüßt. Denn: Konsequent in politisches Handeln umgesetzt, kann eine feministische Außenpolitik einen Beitrag zur Bekämpfung von sexualisierter Kriegsgewalt leisten. Jeannette Böhme, Referentin für Politik und Menschenrechte bei medica mondiale, fasst zusammen, was im vergangenen Jahr passiert ist.

Eine Person hält ein Demo-Schild in die Luft, auf dem steht: Für Frauenrechte

Seit der Veröffentlichung der Leitlinien zur feministischen Außenpolitik ist die Weltlage nicht friedlicher geworden: Der Krieg in der Ukraine geht weiter. Der Angriff der Hamas und anderer bewaffneter Gruppen am 7. Oktober sowie die militärische Reaktion Israels im Gazastreifen haben großes Leid über die Zivilbevölkerung gebracht. Auch in vielen anderen Ländern, wie zum Beispiel in der Demokratischen Republik Kongo, Afghanistan oder Sudan, eskalieren Konflikte und es verschlechtert sich die Frauenrechtslage. In all diesen Kontexten wird auch sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen ausgeübt. Aber auch queere Menschen, nicht-binäre und trans Personen sowie Jungen und Männer sind von der Gewalt betroffen. 

"Ein Grund hierfür ist, dass im medialen und politischen Diskurs zu wenig über die Ursachen und Folgen von sexualisierter Gewalt gesprochen wird. Betroffene werden meist nicht gehört. Ihre Rechte, Interessen und Bedürfnisse werden ignoriert." 

Jeannette Böhme, Referentin für Politik und Menschenrechte bei medica mondiale 

Oftmals wird sexualisierte Gewalt nur als strategisches Mittel der Kriegsführung debattiert und skandalisiert. Die öffentlichen Diskurse folgen dabei oftmals politischen Zwecken. Betroffene werden instrumentalisiert.  

"Eine Auseinandersetzung mit den strukturellen Ursachen sexualisierter Gewalt in patriarchalen Gesellschaften findet kaum statt. Diese braucht es aber, um effektive und nachhaltige Gegenmaßnahmen zu entwickeln."

Jeannette Böhme  

Das Kontinuum geschlechtsspezifischer Gewalt muss in den Blick genommen werden. Auch die Leitlinien für eine feministische Außenpolitik greifen hier zu kurz und müssen überarbeitet werden. 

Mehr Bewusstsein für sexualisierte Gewalt 

Dennoch macht medica mondiale die Erfahrung, dass es bei Diplomat:innen ein höheres Bewusstsein für sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt gibt. Daher ist es auch wichtig, dass das Auswärtige Amt gegenwärtig an der institutionellen Verankerung der Leitlinien innerhalb des eigenen Hauses arbeitet. So wurden verantwortliche Ansprechpersonen in den einzelnen Abteilungen und Auslandsvertretungen für das Thema ernannt. Gleichzeitig werden Diplomat:innen geschult und die Finanzierungsinstrumente gendersensibel überarbeitet.  

Dies sind wichtige Maßnahmen gerade auch für Aktivist:innen in Kriegs- und Krisengebieten, die sich für von Gewalt betroffene Menschen einsetzen. Denn es macht für sie und ihr Engagement einen Unterschied, ob sie in deutschen Botschaften verlässliche Ansprechpersonen haben, die sich auf diplomatischer Ebene für Frauenrechte einsetzen. Und auch ob sie Zugang zu Geldern haben, um ihre Arbeit zu finanzieren. Das Auswärtige Amt kann hier einen wichtigen Beitrag leisten. 

Feministische Außenpolitik - ein überfälliger Schritt

Feministische Außenpolitik ist kein Zauberstab, der alle Schwierigkeiten und weltpolitischen Herausforderungen umgehend beseitigen kann – aber sie ist ein überfälliger Schritt. Perspektivisch sollte die Bundesregierung die Zivilgesellschaft in Deutschland und aus dem globalen Süden stärker einbinden bei der Umsetzung einer feministischen Außenpolitik. medica mondiale engagiert sich weiterhin im Verbund mit unseren Partner:innen für eine feministische Außenpolitik. 

Portraitfoto von Jeannette Böhme, im Hintergrund sind unscharf grüne Bäume zu erkennen
Jeannette Böhme
Politik und Menschenrechte