Dramatisch zunehmende Binnenflucht in der DR Kongo: Die Hälfte der Frauen auf der Flucht erlebt sexualisierte Gewalt

Diese Zahlen nennen das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR und das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA, Stand März 2024). Allein Mitte Februar dieses Jahres machten sich laut UN-Angaben 135.000 Menschen auf die Flucht in die Provinzhauptstadt Goma, nachdem M23-Rebellen bis kurz vor die Stadt Sake am Kivu-See vorgerückt waren. In Goma befindet sich auch der Sitz unserer Partner:innen von PAIF.
Die Zahlen sind alarmierend – und immer mehr Menschen begeben sich innerhalb der DR Kongo auf die Flucht. Vor allem im Osten des Landes: Derzeit leben in den drei ostkongolesischen Provinzen Süd-Kivu, Nord-Kivu und Ituri mehr als vier Millionen Binnenvertriebene.
Gewalt, Terror und Tod prägen Alltag
Die Gründe, warum Menschen ihr Zuhause verlassen müssen, sind verheerend: Die Konflikte, besonders im Osten des Landes, führen zu Gewalt, Terror und Tod. Seit Jahren kämpfen bewaffnete Gruppen, staatliche und nicht-staatliche um Macht und Kontrolle. Darunter leidet vor allem die Zivilbevölkerung: Kinder, Frauen, Alte. Sie sind willkürlichen Tötungen, Vergewaltigungen, Folter und Plünderungen ausgesetzt.
Zusätzlich ist das Leben der Menschen in der DR Kongo von extremer Armut bestimmt, vor allem in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu. Auch ist das Land durch enorme politische Instabilität geprägt, die sich in Unruhen und Konflikten entlädt. Hinzu kommen Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Vulkanausbrüche, Dürren und Erdrutsche, die die Leben der Bewohner:innen in Nord- und Süd-Kivu gefährden und immer wieder ihre Existenzen bedrohen.
DR Kongo: Ausbeutung und Diskriminierung
All das zwingt die Menschen dazu, zu fliehen. Frauen und Mädchen sind auf der Flucht noch schutzloser als in ihrem Alltag, der – wie in vielen Ländern – durch gewaltsame patriarchale Strukturen geprägt ist. Ohne die zumindest bedingt vorhandene persönliche, staatliche und wirtschaftliche Sicherheit ihres Wohnortes drohen ihnen verstärkt Vergewaltigungen und andere Gewalt, sie werden ausgebeutet und diskriminiert.
"Funktionierende staatliche Strukturen sind in der DR Kongo kaum vorhanden. Es gibt kaum eine Strafverfolgung. Frauen und Mädchen – aber auch andere marginalisierte Gruppen – sind in bestimmten Situationen noch mehr in Gefahr, Gewalt zu erleben als sowieso schon – zum Beispiel auf der Flucht."
46 Prozent der Frauen und Mädchen, die auf der Flucht sind, erleben sexualisierte Gewalt, so eine Studie der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2022.
Hoffnung dank unserer Partnerorganisationen
Hoffnung und Zuversicht in diesen Zeiten zu verbreiten, ist schwierig – aber nicht unmöglich. Unsere Kolleg:innen von PAIF bieten Frauen und Mädchen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben, eine Perspektive.
"Es ist wichtig, Strukturen zu schaffen, wo Frauen Schutz und Zuflucht finden, aber auch medizinische Erstversorgung und die Möglichkeit, juristische und psychosoziale Begleitung in Anspruch zu nehmen. Eine schwere Menschenrechtsverletzung, wie eine Vergewaltigung, hat oft traumatische Folgen."
PAIF in DR Kongo: Solidarität unter Frauen
PAIF bietet den Betroffenen die Möglichkeit, eine Ausbildung, zum Beispiel als Schneiderin oder Bäckerin zu machen. Hierfür bekommen sie ein sogenanntes Starterkit, das zum Beispiel eine Nähmaschine oder Schüsseln und Rührgerät enthält, um selbstständig arbeiten zu können. Außerdem lernen die Frauen, wie sie einen Businessplan aufstellen und ihren Einkauf planen. Anschließend können sie sich in solidarischen Gruppen austauschen und sich gegenseitig begleiten.
"Brutale Vergewaltigungen können medizinische und natürlich psychosoziale Folgen für Frauen und Mädchen haben. Es ist ein traumatisches Ereignis, eine Entgrenzung, die in großer Einsamkeit münden kann. Unser traumasensibler Ansatz arbeitet genau daran: Wir zeigen Frauen Perspektiven auf."