Suche
21. Juli 2023 - Meldung

Unsere Partner:innen in der DR Kongo: Trost und Zuversicht seit 30 Jahren

Die beiden Provinzen Nord- und Süd-Kivu, im Osten der Demokratischen Republik Kongo, sind seit Jahrzehnten geprägt von Krieg und Gewalt. Inmitten der Brutalität setzt sich unsere Partnerorganisation PAIF für die Rechte von Frauen ein. Seit 30 Jahren stehen die Aktivist:innen Überlebenden sexualisierter Gewalt zur Seite. Ihre Arbeit ist überlebenswichtig für tausende Frauen.

„Manchmal bin ich einfach umgekippt. Es war zu viel für mich“, erzählt Nia Shukuru. Mehr als fünf Jahre ist das jetzt her. Ihr Mann war gestorben. Ohne feste Arbeit war sie allein für ihre fünf Kinder verantwortlich. Dann wurde sie vergewaltigt.

„Ich fühlte mich nicht mehr als Mensch, nicht als Teil dieser Welt.“

Nia Shukuru, Klientin von PAIF

Bis ihr jemand von PAIF erzählte. Seit 1993 setzt sich die Partnerorganisation von medica mondiale im Osten der Demokratischen Republik Kongo für Frauenrechte und ein Ende sexualisierter Gewalt ein – damit ist PAIF genauso erfahren wie medica mondiale. Die Zusammenarbeit der beiden Organisationen begann 2004.

Bei PAIF lernte Nia Shukuru, die brutale Gewalterfahrung zu verarbeiten. Und sie lernte zu backen. Mit dem Verkauf von Gebäck verdient sie mittlerweile genug, um sich und ihre Kinder zu ernähren. „Heute erzähle ich Frauen, denen es so geht wie mir damals, meine Geschichte. Das tröstet sie.“

Die DR Kongo – eines der gefährlichsten Länder für Frauen

Die DR Kongo gehört zu den gefährlichsten Ländern für Frauen. Rund 130 bewaffnete Gruppen kämpfen derzeit um Macht, Land und Bodenschätze. Sie kämpfen mit Waffen und nutzen sexualisierte Gewalt für ihre zerstörerischen Zwecke. Doch die Täter:innen sind nicht nur Angehörige nicht-staatlicher Gruppen, der Armee oder der UN-Friedensmission. Auch Familienangehörige, Bekannte und Lehrkräfte sind oft für Übergriffe verantwortlich. Die Gewalt hat sich über Jahrzehnte tief in die Gesellschaft gegraben.

„Wir haben eine Antwort auf Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt, die Frauen und Mädchen erleben. Die Antwort bedeutet psychologische Unterstützung, aber auch rechtliche und wirtschaftliche Unterstützung – und vieles mehr.”

Immaculée Birhaheka, Vorsitzende von PAIF

Tag für Tag versorgt das Team von PAIF vergewaltigte Frauen und Mädchen. Mehr als 1.600 waren es 2022. Die Mitarbeiter:innen begleiten sie zur medizinischen Erstversorgung und bieten psychosoziale Beratung an. Und sie unterstützen Überlebende dabei, kleine Unternehmen aufzubauen. Das eigene Einkommen ist wichtig, damit die Frauen selbst für sich sorgen können. Und es ist Voraussetzung dafür, dass sie ihren Status innerhalb einer Gesellschaft behaupten, die Überlebende stigmatisiert und ausschließt.

Deshalb bietet PAIF im eigenen Trainingscenter Ausbildungen an. Nach dem Abschluss erhalten die Schneider:innen, Friseur:innen und Bäcker:innen Starterkits mit einer Grundausstattung für ihr Unternehmen. 833 solche Kits voller Kämme und Spangen, Rührschüsseln, Nähnadeln und verschiedenfarbiger Fäden übergab PAIF im Jahr 2022.

Seit 30 Jahren im Einsatz für die Rechte der kongolesischen Frauen

Um Taten zu verhindern und Täter:innen zur Rechenschaft zu ziehen, schult die Organisation Freiwillige, die sich in ihren Gemeinden für Frauenrechte einsetzen. Mitarbeiter:innen sensibilisieren in Behörden und Polizeistationen. In einer Studie, die sexualisierte Gewalt im schulischen Umfeld in der Provinz Süd-Kivu untersuchte, berichteten 77 Prozent der Schüler:innen von sexualisierten Übergriffen. PAIF ist an 22 Schulen aktiv, arbeitet mit Eltern, Schüler:innen und Lehrkräften zusammen, um betroffene Schüler:innen zu schützen und Maßnahmen gegen die Gewalt einzurichten. An den beteiligten Schulen stieg die Zahl der gemeldeten Übergriffe um 10 % an.

„Es ist zutiefst beeindruckend zu sehen, wie die Aktivist:innen von PAIF – inmitten alltäglicher Lebensgefahr – seit 30 Jahren unbeirrt an der Seite der Mädchen und Frauen Ostkongos stehen.“

Sybille Fezer, Geschäftsführerin für Programmarbeit und inhaltliche Entwicklung bei medica mondiale

Seit 30 Jahren setzt sich PAIF für die Rechte von kongolesischen Frauen und Mädchen ein. Die Aktivist:innen unterstützten Überlebende während der Kongokriege (1996-2009) und nach Kriegsende, als mit den bewaffneten Gruppen die Gewalt in den östlichen Landesteilen blieb. 2018 trotzten die Mitarbeiter:innen einem der größten Ebola-Ausbrüche in der Geschichte des Landes. 2019 folgte Covid-19. Selbst Vulkanausbrüche (2021) und Überflutungen (2023) halten sie nicht davon ab, den Frauen beizustehen und ihnen Zuversicht zu schenken. Seit November 2022 gibt es erneut schwere Kämpfe in den Kivu-Provinzen. PAIF bleibt weiter an der Seite der Überlebenden und kämpft inmitten der Gewalt für eine Zukunft, in der Frauen und Mädchen in Würde und Gerechtigkeit leben können.