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09. Juni 2020 - Meldung

Frauen, Frieden, Sicherheit: „In der Realität hat sich wenig geändert für Gewaltbetroffene“

Mit einem kürzlich veröffentlichten Policy Briefing nimmt medica mondiale gemeinsam mit anderen Nichtregierungsorganisationen die Bundesregierung beim Thema „Frauen, Frieden, Sicherheit“ in die Pflicht. Die Frauenrechtsorganisation stellt konkrete Forderungen an den neuen, dritten Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Resolution 1325.

Als vor 20 Jahren die UN-Sicherheitsresolution 1325 verabschiedet wurde, galt sie als Meilenstein auf dem Weg zur Bekämpfung von sexualisierter Kriegsgewalt. Doch lange standen die dort festgeschriebenen Maßnahmen nur auf dem Papier.

Bewaffnete Konflikte: Frauen und Mädchen vor sexualisierter Gewalt schützen

Mit der UN-Resolution 1325 verpflichtete der UN-Sicherheitsrat die Mitgliedstaaten, Frauen und Mädchen im Kontext von bewaffneten Konflikten zu schützen – insbesondere vor sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt. Überlebende sollen angemessene Unterstützung erhalten und Täter oder Täterinnen zur Rechenschaft gezogen werden. Außerdem sollen Frauen endlich gleichberechtigt an Friedensprozessen beteiligt werden.

Die deutsche Bundesregierung setzte die Resolution jedoch jahrelang nur schleppend um: Bereits vor 10 Jahren saß Monika Hauser als geladene Expertin im Bundestagsausschuss Zivile Krisenprävention und kritisierte den fehlenden politischen Willen der damaligen Bundesregierung. Damals gab es noch nicht mal einen Nationalen Aktionsplan, der kam erst 2012, zwei Jahre später.

UN-Resolution 1325: International diskutiert, doch zu wenig Wirkung für die betroffenen Frauen

Seitdem ist einiges passiert: Mit dem Aktionsplan erfolgte eine bessere Beteiligung der Zivilgesellschaft am Umsetzungsprozess, medica mondiale konnte kontinuierliche politische Arbeit zur Resolution machen, im Außenministerium wurden feministische Akzente gesetzt und die UN-Resolution 1325 zum Thema von wichtigen Debatten und Konferenzen gemacht.

Trotzdem fällt das Urteil von Jeannette Böhme, Referentin für Politik und Menschenrechte bei medica mondiale, mit Blick auf die betroffenen Frauen in Krisengebieten nüchtern aus: „In der Realität hat sich, trotz einer Reihe internationaler Initiativen, wenig geändert für Betroffene von Vergewaltigung, sexueller Versklavung, Zwangsverheiratung und anderen Formen sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt in bewaffneten Konflikten.“

Damit sich das Leben für die betroffenen Frauen tatsächlich verbessert, müssten einflussreiche Staaten wie Deutschland ein grundlegendes Umdenken in der Außen- und Sicherheitspolitik einleiten, statt an kleineren Stellschrauben zu drehen.

Policy Briefing: Zentrale Forderungen an die Bundesregierung zur Umsetzung der Resolution 1325

Jeannette Böhme saß kürzlich an der gleichen Stelle im Ausschuss Zivile Krisenprävention wie Monika Hauser vor 10 Jahren und forderte die Bundesregierung ebenso auf, die Resolution endlich umfassend umzusetzen. Dabei stellte sie drei zentrale Forderungen aus einem von medica mondiale und anderen Nichtregierungsorganisationen veröffentlichten Policy Briefing vor:

  • So bedarf es der dringenden Aufstockung von personellen Ressourcen in Ministerien und Auslandsvertretungen. Die Stelle einer oder eines Sonderbeauftragten der Bundesregierung für Frauen, Frieden und Sicherheit sollte eingerichtet werden, um dem Thema auf politischer Ebene höhere Sichtbarkeit zu geben.
  • Außerdem müssen für die Umsetzung des Dritten Nationalen Aktionsplans ausreichend finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
  • Die Bundesregierung sollte sich weiterhin dazu verpflichten, traumasensible, ganzheitliche Unterstützung in Form von medizinischer Versorgung, psychosozialer und rechtlicher Beratung sowie einkommensschaffende Maßnahmen langfristig vor Ort zu fördern und nachhaltige Schutzstrukturen für Gewaltüberlebende aufzubauen. Das schließt den voll umfassenden legalen Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen, Notfallverhütung und anderen Leistungen für die sexuelle und reproduktive Gesundheit aller Überlebenden ein, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität.

Der erste Entwurf des dritten Nationalen Aktionsplans wird im Juli 2020 erwartet. Das Netzwerk 1325 wird danach erneut Stellung beziehen.

 

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