Was Überlebende von sexualisierter Kriegsgewalt brauchen – in der Ukraine und weltweit

„Im Krieg brauchen gewaltbetroffene Frauen ganzheitliche, individuelle, traumasensible Unterstützung. Das bedeutet zuallererst medizinische und psychosoziale Unterstützung und einen sicheren Ort, an dem sie sich stabilisieren können. Erst wenn sie für sich ein Gefühl der Kontrolle zurückgewonnen haben, können sie selbstbestimmt entscheiden, ob sie ihren Fall dokumentieren lassen und Strafverfolgung einleiten wollen. Wichtig ist dabei, dass alle Maßnahmen im Kontext der Dokumentation traumasensibel umgesetzt werden. Dies sollten Personen machen, die im Umgang mit Betroffenen und in der traumasensiblen Befragung geschult sind.“
Hauser ist wichtig zu betonen:
„Die lokalen Frauenrechtsorganisationen sind im Umgang mit Betroffenen die Expert:innen. Sie wissen was gewaltbetroffene Frauen vor Ort brauchen. Sie bieten notwendige Unterstützungsangebote und müssen deshalb kurz- und langfristig umfassend finanziell und politisch unterstützt werden. Denn ihre Arbeit endet nicht mit Kriegsende: Überlebende brauchen in der Nachkriegszeit Unterstützung, und es sind Frauenrechtsorganisationen, die diese wichtige Arbeit leisten.“
Mit der Erfahrung aus 30 Jahren Arbeit in Kriegs- und Krisengebieten sagt Hauser weiter:
„Frauen und Mädchen werden in Kriegssituationen Opfer von patriarchaler sexualisierter Gewalt, die wie zum Beispiel in der Ukraine dahingehend funktionalisiert wird, gezielt die Zivilbevölkerung zu terrorisieren. Wenn dieses Leid in der medialen Berichterstattung skandalisiert, relativiert oder für politische Meinungsmache instrumentalisiert wird, dann setzt sich diese patriarchale Gewalt fort.”
„So wie zur Zeit in Deutschland teilweise über Kriegsvergewaltigungen öffentlich gesprochen wird, tragen gewisse Äußerungen dazu bei, dass Überlebende weiter stigmatisiert, die erlebte Gewalt bagatellisiert und eben nicht über Ursachen, patriarchale Strukturen und Anerkennung des Unrechts aufgeklärt wird."
An die Bundesregierung und die Außenministerin gerichtet sagt Hauser:
„Wir begrüßen die kürzlich vorgestellten Leitlinien. Feministische Außenpolitik kann einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von sexualisierter Kriegsgewalt leisten. Worauf es jetzt ankommt, ist, dass diese Leitlinien mit allen Anstrengungen praktisch umgesetzt werden: Die Bedarfe von Überlebenden müssen im Fokus stehen, Frauenrechtsorganisationen und Aktivist:innen finanziell und politisch unterstützt und geschützt werden."