Ruanda: "Kinder des Feindes"
Die Kölner Frauenrechtsorganisation medica mondiale fördert seit mehr als zehn Jahren Projekte von SEVOTA („Solidarité pour l’Epanouissement des Veuves et des Orphelins visant le travail et l’Auto promotion“). In Frauenforen lernen Überlebende sexualisierter Gewalt, mit ihren Kindern über das Erlebte zu sprechen.
Im Jahr 2016 veranstalteten Godelieve Mukasarasi und ihre Kolleginnen von SEVOTA erstmals Jugendforen. Dort konnten sich junge Erwachsene über ihre Erfahrungen und die Beziehung zu ihren Müttern austauschen. „Niemand von uns hatte zuvor darüber geredet – auch wir untereinander nicht“, berichtet eine Teilnehmerin. „Im Jugendforum konnten wir das zum ersten Mal ohne Scham tun."
25. Jahrestag des Genozids: sexualisierte Gewalt wirkt nach
In Ruanda wurden zwischen April und Juli 1994 über 250.000 Frauen und Mädchen vergewaltigt und zwei von drei Betroffenen mit HIV infiziert. Wie in allen Kriegen verübten Milizen sexualisierte Gewalt, um Angst zu verbreiten, Macht zu demonstrieren und den Gegner zu schwächen. „Die Herzen der Frauen wurden drei Mal gebrochen“, berichtet Godelieve Mukasarasi, Gründerin von SEVOTA. „Durch den Genozid, durch Vergewaltigung und durch AIDS“. Die Folgen: traumatischer Stress, gesundheitliche Probleme, Armut. „Auch in Ruanda ist Armut weiblich“, stellt Mukasarasi fest.
Zum 25. Jahrestag des Genozids und der Gründung von SEVOTA fordert sie, die ökonomische Situation von Frauen zu verbessern sowie Schulungen, die Geschlechterbilder verändern und Vorurteile abbauen. „Die Frauen wünschen sich ein sicheres Umfeld, eine gute Gesundheitsfürsorge und Bildung für ihre Kinder.“
Kriegsvergewaltigungen prägen die Gesellschaft
Seit 25 Jahren weist medica mondiale die Öffentlichkeit auf die Folgen nicht bearbeiteter Traumata durch Kriegsvergewaltigungen wie die während des Zweiten Weltkriegs hin. „Trauma-Symptome können innerhalb der Familie und in die nächsten Generationen übertragen werden, erklärt Monika Hauser, Gründerin von medica mondiale. „Töchter und Söhne übernehmen die oft unbewussten Traumata ihrer Mütter (und Väter).“ Es sei wichtig, so Hauser weiter, eigene Erfahrungen und die Verletzungen unserer Vorfahren zu reflektieren und zu bearbeiten. Das könne entlasten und zu persönlichem Wachstum anregen.
Autorin: Mechthild Buchholz, Pressesprecherin bei medica mondiale