„Meinen Nachlass geklärt zu haben gibt mir ein gutes Gefühl.“
Im Gespräch: Mein Nachlass für Frauen und Mädchen
Adelheide Ostarek unterstützt medica mondiale seit 15 Jahren. Im Interview erzählt sie, was ihr die Arbeit bedeutet und warum sie sich entschieden hat, medica mondiale in ihrem Testament zu berücksichtigen.
Frau Ostarek, Sie unterstützen medica mondiale seit vielen Jahren. Was motiviert Sie?
Während meiner Zeit als Flugbegleiterin bin ich immer wieder auf Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen gestoßen. Und auch aus meinem privaten Umfeld weiß ich von Vergewaltigungen. Gewalt gegen Frauen gibt es überall, und ich bin froh, dass das Thema endlich in den Medien angekommen ist. Ich wollte etwas tun und mich für Frauenbelange einsetzen. Das heißt Feminismus für mich: dass sich Frauen solidarisch unterstützen, egal wo und auf welcher Ebene! Als ich dann pensioniert wurde, habe ich deswegen begonnen, mich für medica mondiale zu engagieren.
Wie kam es zu Ihrer Entscheidung, medica mondiale auch in Ihrem Testament zu berücksichtigen?
Ich kenne die Organisation und ihre Ziele sehr gut und sehe Erfolge – dadurch erwächst natürlich auch Vertrauen. Es ist ein tröstlicher Gedanke für mich, über meinen Tod hinaus etwas zu bewirken, wofür ich auch in meinem Leben eingestanden bin. Und wenn ich mir die jetzige Weltpolitik anschaue, erscheint mir der Ansatz von medica mondiale als äußerst sinnvolle Investition für die Zukunft.
War es für Sie ein großer Schritt, das Testament aufzusetzen?
Anfangs habe ich mich davor gescheut, mein Testament aufzusetzen. Das klingt ein wenig, als müsse ich bald sterben. Aber darum geht es ja nicht. Ich möchte einfach schon jetzt selbstbestimmt darüber entscheiden, dass mein Erbe für Frauenrechte genutzt wird.
Ich habe dann eine Veranstaltung zum Thema Erbschaft besucht, das fand ich sehr hilfreich. Meinen Nachlass geklärt zu haben, gibt mir das gute Gefühl, in meinem Leben etwas bewirkt zu haben, und es erleichtert mich auch.
Der Einsatz im Hier und Jetzt scheint Ihnen wichtig zu sein. War das ein Grund, sich für die Schenkung auf Widerruf zu entscheiden?
Eine Schenkung auf Widerruf erschien mir nur sinnvoll. Meinen Vermögensanteil, den ich zurzeit nicht brauche, kann ich dadurch jetzt schon für den Kampf gegen sexualisierte Gewalt zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig kann ich die volle Summe ja wiederbekommen, falls sich meine Umstände ändern. Wenn ich so einen Beitrag für Frauenrechte weltweit leisten kann, macht mich das stolz. Und es entspricht meinem Verständnis von Frauensolidarität über Grenzen hinweg.
Karl Josef Kassing wurde 1936 in Lüdenscheid geboren. Nach seinem Studium in Köln war er Lehrer für Deutsch und Latein. Er bezeichnet sich als kritisch-katholisch und ist seit seiner Jugend auch literarisch tätig. Herr Kassing hat medica mondiale in seinem Testament berücksichtigt und spricht über seine Verbindung zu medica mondiale und warum er sich für das Thema Frauenrechte engagiert.
Herr Kassing, Sie sind langjähriger Unterstützer von medica mondiale. Wie kam es dazu?
Gewalt gegen Frauen einzudämmen ist ein wichtiges Thema für mich. Meine eigene Frau wurde im Treppenhaus zu ihrer Wohnung überfallen und verlor dabei ein Auge. Seitdem bin ich sensibel für das Problem Gewalt gegen Frauen und möchte mich entsprechend einsetzen. medica mondiale arbeitet in den Bereichen, die mir und meiner Frau wichtig sind. So ist mein Geld auch besser angelegt als auf einer Bank.
Weshalb beschäftigen Sie sich in Ihren Büchern besonders mit der Stellung der Frau in der katholischen Kirche?
Das katholische Patriarchat bedeutet eine einseitige Ausübung von Macht zu Ungunsten der Frauen. Es gibt kein stichhaltiges Argument dafür, dieser Ungerechtigkeit muss ein Ende gesetzt werden. Wer der Kirche eine Zukunft wünscht, muss sich für das gleichberechtigte Mitwirken von Frauen einsetzen.
Sie selbst sind 1936 geboren. Liegt Ihnen die Arbeit von medica mondiale auch deshalb am Herzen?
Die Erlebnisse der Kriegszeit prägen mich bis heute. Ich erinnere mich noch deutlich an die Ängste und auch an die Not danach. Heute gehöre ich, weltweit gesehen, zu einer kleinen privilegierten Minderheit, die in Sicherheit und Wohlstand lebt. Das ist aber nicht mein Verdienst. Dass ich hier geboren bin und es mir an nichts fehlt, das ist zufällig so. Deshalb möchte ich Menschen helfen, denen es schlechter geht. Außerdem kann ich diejenigen unterstützen, die sich mit Empathie und Zivilcourage für die Rechte anderer einsetzen, besonders in Kriegsgebieten. Das findet meine volle Anerkennung.
Ist das auch der Grund, weshalb Sie medica mondiale in Ihrem Testament bedacht haben?
Ja, sicherlich. Denn so kann langfristig und wirklich grundlegend etwas verändert werden. Da ich selbst keine Kinder habe, lag die Entscheidung für mich nahe. Mein Erbe kommt Menschen zugute, die Unterstützung benötigen. Das ist meiner Meinung nach das Beste, was ich mit meinem Geld tun kann – auch über mein Leben hinaus.
Woher rühren Ihre Solidarität mit medica mondiale und Ihre Testamentsentscheidung?
Meine Mutter wurde damals im Krieg mit meinen drei Schwestern aus Ostpreußen vertrieben. Als ich 1993 mit ihr im Fernsehen einen Bericht über das Engagement von Monika Hauser in Bosnien sah, sagte sie nur: „Das hätten wir damals auch gebraucht.“ Dieser Satz ging mir als ‚Nachkriegskind‘ unserer Eltern zu Herzen. Seither habe ich das Engagement von medica mondiale mit großem Interesse verfolgt – bis es mir zum Herzensanliegen wurde. Mit meinem Nachlass kann ich die Aufarbeitung transgenerationaler Traumata von Überlebenden sexualisierter Kriegsgewalt weltweit mitunterstützen. Das ist mir wichtig. Als Supervisorin weiß ich um die Nachwirkungen verschiedenster Formen von Gewalt über Generationen hinweg.