Kosovo: Kriege und Konflikte belasten Partnerorganisationen

Erfahrene Psycholog:innen arbeiten bei unserer Partnerorganisation Medica Gjakova im Westen des Kosovo. Sie beraten und begleiten Frauen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben. All diese Menschen haben in der langen Konflikthistorie des Kosovo vieles erlebt, das ihre Körper und Seelen belastet. Traumata, die nicht leicht heilen. Aktuelle Konflikte belasten die Menschen zusätzlich.
„Selbst wenn die Konflikte außerhalb des Kosovo stattfinden – es gibt so viele ungelöste Traumata, dass die Menschen unmittelbar reagieren und getriggert werden.“
Ukraine-Krieg belastet Kolleg:innen

Ein Beispiel: Als Russland den Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 ausweitete, war dies ein Alarmzeichen für die Menschen im Kosovo. Die Menschen hätten mit dem Schlimmsten gerechnet, berichtet Mirlinda Sada. Sie hätten all ihr Geld ausgegeben, um Lebensmittelreserven zu kaufen, um vorbereitet zu sein.
„Mit einem Trauma zu arbeiten bedeutet immer: einen Schritt vor, einen zurück. Und das jedes Mal, wenn ein neuer Krieg ausbricht.“
Entsprechend beängstigend und retraumatisierend waren die Tage Ende September. In dem im Norden des Kosovo gelegenen, mehrheitlich von Serben bewohnten Dorf Banjska, kam es zu einem Schusswechsel. Maskierte Männer blockierten mit Lkw zwei Straßen. Als kosovarische Polizist:innen vor Ort eintrafen, eröffneten die Männer das Feuer. Ein Polizist wurde tödlich getroffen. Anschließend zogen sich die Angreifer:innen in ein serbisch-orthodoxes Kloster zurück, von wo sie sich weiter Gefechte mit kosovarischen Einsatzkräften lieferten. Weitere Menschen starben und wurden verletzt.
Team von Medica Gjakova verunsichert
Mirlinda Sada spricht von einem Angriff, der nicht nur Überlebende sexualisierter Gewalt und die Bevölkerung im Allgemeinen verunsichert hat, sondern auch die Mitarbeitenden von Medica Gjakova.
„Psychologische Berater:innen müssen Überlebenden sexualisierter Gewalt häufiger und intensiver als normalerweise zur Seite stehen. Und das in einer Situation, in denen es ihnen selbst nicht gut geht. Viele Kolleg:innen wollten nicht zu Treffen reisen, weil sie nicht von ihren Familien getrennt sein wollten.“
Einige der Kolleg:innen sprachen davon, dass ein neuer Krieg aufziehe – dabei arbeiteten sie noch daran, den vorherigen zu verarbeiten. In solchen Situationen sind Selbstfürsorge und die Fürsorge für das ganze Team ein wichtiger Schritt, um weiterhin für Überlebende sexualisierter Gewalt da sein zu können. Bei Medica Gjakova haben Kolleg:innen selbst Therapie in Anspruch genommen. So haben sie sichergestellt, dass sie trotz der persönlichen Belastungssituation den Überlebenden professionell zur Seite stehen können. Denn: Nur mit gestärkten Fachkräften kann ein professionelles Angebot für Überlebende aufrechterhalten werden.