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22. April 2024 - Meldung

Afghanistan: Deshalb ist unsere kontinuierliche und nachhaltige Arbeit für Frauen wichtig

Die Situation von Frauen in Afghanistan verschlechtert sich seit der erneuten Machtübernahme der Taliban 2021 immer weiter. Unter schwierigsten Bedingungen kämpfen medica mondiale und Frauenrechtsorganisationen in Afghanistan weiter für Frauenrechte und unterstützen gewaltbetroffene Frauen und Mädchen. Wieso solch eine Kontinuität in der Arbeit für Frauen wichtig ist, erklärt Regionalreferentin Inga Weller im Interview.

Frauen in einem Raum, in dem Krankenbetten stehen.
Unsere Partner:innen bieten Frauen in Afghanistan unter anderem Gesundheitsberatung an.

Inga, trotz vieler Widrigkeiten unterstützen wir unsere Partnerorganisationen in Afghanistan auch nach 2021 weiterhin erfolgreich, damit sie Frauen stärken können. Warum ist diese Kontinuität in der Arbeit in Afghanistan so wichtig?

Die Kontinuität der Arbeit in Afghanistan ist für unsere Partnerorganisationen absolut essenziell. Trotz der vielen Versprechungen der internationalen Gemeinschaft Frauen in Afghanistan nicht im Stich zu lassen, beschränkt sich das Engagement seit 2021 meist auf die Bereitstellung von finanziellen Mitteln für humanitäre Hilfe und die Sicherstellung der sogenannten "Basisversorgung". Frauen und Mädchen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, sind somit weitgehend auf sich gestellt.

Was heißt das konkret?

Die Laufzeiten von Projekten sind oft zu kurz und es gibt zu wenige öffentliche Mittel, um die Existenz frauengeführter Organisationen und ihre Arbeit nachhaltig zu sichern. Doch die Arbeit der Frauenrechtsakteur:innen vor Ort ist unabdingbar, damit die Rechte von Frauen dauerhaft vertreten und verankert werden können. Sie sind es, die auf die Straße gehen oder im Verborgenen gesellschaftlichen Wandel vorantreiben. Uns ist daher besonders wichtig, frauengeführte Organisationen und Initiativen langfristig zu unterstützen. Die Zusammenarbeit mit unseren afghanischen Partnerorganisationen verstehen wir als politisches, feministisches und solidarisches Handeln. Wir stellen daher nicht nur finanzielle Mittel bereit, sondern auch fachliche Beratung und Vernetzungsmöglichkeiten.  

Wie ist die Situation derzeit in Afghanistan?

Seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 hat sich die die Menschenrechtslage in Afghanistan weiter verschlechtert. Darauf verwies auch vor kurzem der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Lage der Menschenrechte in Afghanistan, Richard Bennett. Mädchen konnten zu Beginn des neuen Schuljahres 2024 ab der 7. Klasse wieder nicht die Schule fortsetzen und werden weiterhin aus dem öffentlichen Leben weitgehend ausgeschlossen, die Meinungsfreiheit ist eingeschränkt, Gewalt und die Androhung von Gewalt werden eingesetzt, um die Bevölkerung und explizit Frauen einzuschüchtern und zu kontrollieren. Dazu gehören außergerichtliche Tötungen, Entführungen, Vergewaltigungen und Folter. Besonders gefährdet sind Frauenrechtsaktivist:innen, angehende Jurist:innen , Unternehmer:innen und Lehrer:innen. Frauen und Mädchen sind tagtäglich von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt bedroht. Viele von ihnen sind zudem von extremer Armut betroffen und die anhaltende Gewalt und Unterdrückung geprägt und viele auch durch persönliche Gewalterfahrungen traumatisiert.

Was brauchen die Frauen in Afghanistan in dieser Situation besonders?

In dieser Situation brauchen Frauen langfristige, solidarische Unterstützungsangebote. Traumata sind eine psychische oder körperliche Verletzung und haben tiefgreifende soziale Folgen. Durch die Arbeit unserer Partnerorganisationen wird ihr Leid anerkannt und sie erhalten umfangreiche Unterstützung. Diese Arbeit leisten unsere Partnerorganisationen trotz der herausfordernden Rahmenbedingungen. Es gelingt ihnen, die Überlebenden zu stabilisieren, sowie Sicherheit und Vertrauen aufzubauen, beispielsweise durch umfangreiche gesundheitliche und psychosoziale Beratung, durch Schutzmaßnahmen und die Umsetzung von relevanten berufsbildenden Programmen.

Wie wichtig ist in dieser Zeit die Arbeit von Frauenrechtsorganisationen?

Immens wichtig. Es ist absolut berührend zu sehen, was die Teams unserer Partnerorganisationen jeden Tag leisten. Durch viel Mut, Kreativität, Hoffnung und Beharrlichkeit werden immer wieder neue Impulse gesetzt. Sie sind fest entschlossen weiterzumachen. Was außerdem entscheidend ist, ist Vertrauen. Vertrauen in die eigene Kraft und Wirkungsfähigkeit und Vertrauen in unsere gemeinsamen feministischen Werte und Ziele. Gemeinsam treten wir für Frauenrechte ein und für eine bessere Zukunft für Frauen und Mädchen in Afghanistan.

Bedeutet diese kontinuierliche Arbeit auch Nachhaltigkeit?

Unsere Arbeit und die unserer Partnerorganisationen in Afghanistan bedeutet, dass wir Frauenrechtsaktivist:innen und ihren Widerstand unterstützen und stärken, den Kampf für Frauenrechte und gegen Gewalt gegen Frauen fortzuführen – unter schwierigsten Bedingungen. Nachhaltigkeit sichern wir auch indem wir finanzielle Unterstützung für die Arbeit von Frauenrechtsorganisationen sicherstellen, Schutz sowie Begegnungs- und Austauschräume für Frauen schaffen, digitale Unterstützung für gewaltbetroffene Frauen anbieten und Jurist:innen trotz der Studienverbote eine Ausbildung ermöglichen. Die Stärkung dieser wichtigen Arbeit und insbesondere der Unterstützungsstrukturen für Frauen in Afghanistan benötigen Zeit und somit auch Kontinuität der Arbeit. Afghanische Frauenrechtaktivist:innen und frauengeführte Organisationen sind dabei neue Wege zu erproben und Arbeitsansätze zu überarbeiten, um ihre Arbeit einerseits fortzusetzen, und andererseits auch wirkungsorientiert gestalten zu können. Wir müssen sie in ihren Anliegen bestärken und ihnen kontinuierlich zur Seite stehen.

An welchen Entwicklungen siehst du in dieser schwierigen Lage in Afghanistan, dass die Projekte wirken?

In einer Zeit, in der die Gewalt gegen Frauen in Afghanistan steigt, sie in ihren Rechten massiv eingeschränkt werden und kaum noch juristische Unterstützung erhalten infolge der durch die Taliban erlassenen Berufs- und Studienverbote, ist es beeindruckend zu erleben, wie es unseren Partnerorganisation gelingt, Frauen und Mädchen immer wieder Mut und Hoffnung zu machen, ihnen berufliche Perspektiven aufzeigen, damit sie andere Frauen heute und in Zukunft unterstützen und rechtlichen Beistand leisten können. Wenn ich erfahre, dass bedrohte Frauenrechtsaktivist:innen und ihre Familienmitglieder überlebt haben und in einem sicheren Land wohlbehalten angekommen sind und dort Vereine und Unterstützungsnetzwerke für Frauen in Afghanistan aufbauen, dann sind die Wirkungen unserer feministischen Arbeit absolut greifbar.

Zwei Frauen sitzen im Schneidersitz auf Kissen, zu sehen sind nur die Knie und Hände.
Zwei Frauen sitzen im Schneidersitz auf Kissen, zu sehen sind nur die Knie und Hände.
Zwei Frauen sitzen im Schneidersitz auf Kissen, zu sehen sind nur die Knie und Hände.
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