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11. November 2022 - Meldung

Demokratische Republik Kongo: Feministische Vernetzung trotz Spannungen

Überlebende von sexualisierter Gewalt brauchen die Anerkennung dieser Verbrechen und ihres Leids. Sie haben ein Recht auf Wahrheit, Wiedergutmachung und gesellschaftliche Gerechtigkeit. Damit beschäftigte sich der 2. Internationalen Kongress des Mukwege-Lehrstuhls, der kürzlich im kongolesischen Bukavu stattfand. Dort diskutierten Vertreter:innen der internationalen Zivilgesellschaft und Wissenschaft zu Reparationen für gewaltbetroffene Frauen und wie diese aussehen sollen.

medica mondiale nahm mit etwa 20 Kolleg:innen von 13 Partnerorganisationen am Mukwege-Kongress teil, unter anderem aus Liberia und Uganda, aus dem Kosovo und Bosnien und Herzegovina, aus Ruanda, Burundi und der DR Kongo. Für die Frauenrechtsaktivist:innen ging es bei der Reise auch um den feministischen Austausch untereinander, aktuelle Herausforderungen, Erfolge und Perspektiven für die zukünftige Zusammenarbeit.  

„Die Reaktion der Gesellschaft prägt das Trauma gewaltbetroffener Frauen und beeinflusst die Zukunft der Überlebenden.”  

Jasna Zečević, Direktorin von unserer Partnerorganisation Vive Žene in Bosnien

„Lasst uns unsere Kräfte bündeln, uns austauschen, voneinander lernen und uns verbinden, um eine gemeinsame Aktion zu gestalten, die niemanden zurücklässt und zu einer Welt beiträgt, in der Frauen und Mädchen in Würde und Gerechtigkeit leben können.”  

Monika Hauser, Gründerin und Vorständin von medica mondiale

„Bis heute wird die Unterstützung für Überlebende von Vergewaltigungen während des Völkermordes und ihre im Krieg geborenen Kinder hauptsächlich durch zivilgesellschaftliche Organisationen geleistet und nicht (ausreichend) durch staatliche Mechanismen unterstützt!”  

Godelieve Mukasarasi, Direktorin unserer ruandischen Partnerorganisation SEVOTA

Anerkennung und Wiedergutmachung: Erfolgsberichte aus der Praxis 

Bereits in der Vergangenheit haben Partnerorganisationen in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo mit Unterstützung von medica mondiale erreicht, dass Frauen, die sexualisierter Kriegsgewalt erlebt haben, eine monatliche Entschädigungsrente vom Staat erhalten. Auf einer von uns ausgerichteten Paneldiskussion stellten wir diese erfolgreiche feministische Arbeit einem internationalen Publikum vor. Die anschließenden Fragen und Diskussionsbeiträge zeigten reges Interesse an der Frage der finanziellen Reparationen, gingen jedoch bald auch darüber hinaus und suchten nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten der Bedarfe von Überlebenden in verschiedenen Kriegs- und Nachkriegskontexten. 

„Überlebende von sexueller Kriegsgewalt schweigen immer noch über ihre Erfahrungen, weil sie stigmatisiert, beschämt, diskriminiert werden und es in ihren Gemeinschaften an Unterstützung mangelt.”  

Sabiha Husić, Direktorin von Medica Zenica in Bosnien

„Überlebende sexueller Gewalt sollten nicht als Empfänger:innen von Dienstleistungen betrachtet werden; sie engagieren sich, leiten Organisationen und leisten wichtige aufsuchende Arbeit. Die Frauen stärken die Gesellschaft und unterstützen sich gegenseitig.”  

Mirlinda Sada, Direktorin von Medica Gjakova im Kosovo

Politische Spannungen in der Region erschweren Zusammenarbeit 

Gleichzeitig überschatten die politischen Spannungen zwischen der DR Kongo und Ruanda den Kongress. Die Zivilbevölkerung in Nord-Kivu sieht sich mit einem neuen Ausbruch von Gewalt durch die bewaffnete Rebellengruppe M23 konfrontiert. Tausende Frauen und Mädchen fliehen aus Angst vor sexualisierten Übergriffen. Immer mehr Betroffene brauchen gerade jetzt medizinische und psychosoziale Unterstützung. Gleichzeitig können Frauenrechtsaktivist:innen ihre Arbeit nur unter schwierigsten Bedingungen fortsetzen.  

Die eskalierende Gewalt macht auch die überregionale Zusammenarbeit und Vernetzung sehr schwierig, Unsere ruandische Partnerorganisation SEVOTA konnte zwar an einem gemeinsamen Workshop in Kigali teilnehmen, nicht aber an der Konferenz in Bukavu.  

Zusammen für Frauenrechte: Aufgeben ist keine Option 

Umso wichtiger ist der feministische Zusammenhalt. Das gemeinsame Reisen, die langen Kongresstage und die unzähligen Reflektionen und Austausche haben uns erneut gezeigt, wieviel Kraft wir gemeinsam haben, vor allem in unserem Engagement für Überlebende sexualisierter Kriegsgewalt. Gleichzeitig erinnerte uns die Gewalt gegen die Frauen und Mädchen in unmittelbarer Nähe daran, dass wir nicht aufgeben können, nicht aufgeben werden: Wir sind vereint, vereint im Kampf für Frauenrechte. Am letzten Tag legten wir bei einem gemeinsamen Besuch des Kigali Genocide Memorial Blumen nieder und gedachten der Toten.