Burundi: Projekt "Frauen stehen auf" - neues Zentrum für Unternehmensgründer:innen

Beatrice Kwizera* ist eine der ersten, die am Projekt „Frauen stehen auf“ teilnimmt. Sie betreibt bereits seit vier Jahren erfolgreich einen Online-Shop für Taschen, Schmuck und Kleidung. Jetzt möchte sie zusätzlich ein Ladenlokal eröffnen – ihr großer Traum.
Im Gründungszentrum bekommt sie dafür die Unterstützung, die sie benötigt. Sie findet dort Antworten auf wichtige Fragen: Wie erstelle ich einen Businessplan? Was muss ich bei der Buchführung beachten? Woher bekomme ich Startkapital? All diese Fragen werden in Einzeltrainings oder Gruppensitzungen mit Coaches geklärt. Zusätzlich können sich die Frauen u.a. durch Zugang zu einer digitalen Bibliothek im Inkubator weiterbilden und untereinander netzwerken. So kann Beatrice ihr Geschäft erweitern und gleichzeitig Frauen, die am Anfang ihrer Geschäftsidee stehen, mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung unterstützen. Zusätzlich haben die Frauen im Zentrum Zugang zu Trainingseinheiten zur Persönlichkeitsentwicklung. Hierbei steht auch die Überwindung gesellschaftlicher Rollenzuschreibungen im Fokus. Denn wirtschaftliche Unabhängigkeit braucht Selbstbewusstsein.
Wirtschaftliche Stellung von Frauen in Burundi fördern
Beatrice weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es für Frauen in Burundi ist, ein eigenes Unternehmen auf die Beine zu stellen. Die Geschäftswelt ist von Männern geprägt, Frauen haben nur wenig Zugang zu Wissen, Ressourcen und Netzwerken, um sich unternehmerisch zu betätigen. "Frauen werden oft als nicht glaubwürdig wahrgenommen", berichtet Beatrice.
Dabei nehmen Frauen gerade im informellen Sektor eine bedeutende Rolle in der burundischen Wirtschaft ein. Viele sind in irregulären Verhältnissen beschäftigt. Sie arbeiten im ländlichen Raum zum Beispiel als Händler:innen auf lokalen Märkten, in der Landwirtschaft oder im Handwerk, zum Beispiel in der Textilherstellung oder an Flechtarbeiten. In städtischen Gebieten sind sie zum Beispiel auch im Bereich der Dienstleistungen wie Gastronomie oder Haushaltsarbeit tätig. Frauen arbeiten in Städten oft im Bildungssektor, im Gesundheitswesen, in der Verwaltung oder üben verschiedene Bürotätigkeiten aus. Trotz des breiten Spektrums an Berufen bleiben Frauen in Burundi jedoch oft von höher bezahlten und führenden Positionen ausgeschlossen. Patriarchale Geschlechterrollen und Normen beschränken ihre beruflichen Möglichkeiten und den Zugang zu wirtschaftlichen Chancen der Frauen. Diesem Missstand will das Projekt „Frauen stehen auf“ entgegenwirken.
Wirtschaftliche Unabhängigkeit im Kontext sexualisierter Gewalt
Ein geregeltes und selbst erwirtschaftetes Einkommen stärkt besonders Frauen, die sexualisierte Gewalt überlebt haben, in vielerlei Hinsicht: Durch eigenes Einkommen können sie unabhängig für ihren Lebensunterhalt aufkommen, ihre Kinder versorgen und selbstbestimmter für sich und ihre Bedürfnisse eintreten. Dies gibt ihnen Selbstbewusstsein in ihrer Gemeinschaft, von der sie oft wegen der ihnen angetanen Gewalt verstoßen und geächtet werden. Die wirtschaftliche Sicherheit gibt ihnen oft auch die Möglichkeit, gewaltvolle Beziehungen zu verlassen. Viele Frauen sehen sich sonst gezwungen, dort verbleiben zu müssen, weil ihnen Isolation, Armut und Hunger drohen.
Die physische und psychische Stabilität, zu der wirtschaftliche Unabhängigkeit beitragen kann, ermöglicht Frauen den Raum und die Kapazitäten, sich mit der erlebten Gewalt auseinanderzusetzen und zu neuer Stärke zu finden. Deshalb sind Einkommen schaffende Maßnahmen seit der Gründung von medica mondiale ein wichtiger Bestandteil der Projekte. Sie sind ein wichtiges Instrument, um Frauen ganzheitlich zu unterstützen, ihnen Selbstbestimmung und Unabhängigkeit zu ermöglichen und (sexualisierte) Gewalt zu verhindern. "Ich bin stolz darauf, was ich geschafft habe. Der Aufbau eines Unternehmens benötigt viel Zeit, Wissen und Mut. Aber ich bin mir sicher, dass wir burundischen Frauen mit den nötigen Ressourcen großartige Unternehmer:innen werden können," sagt Beatrice.
*Name geändert