Wir unterstützen Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten.
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10.07.2019

medica mondiale Jahresbericht 2018

PDF, Bericht

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

2018 war ein besonderes Jahr für uns. Zusammen mit unseren Partnerinnen haben wir 25-jähriges Bestehen gefeiert. Anfang 1993, während des Kriegs, bin ich zum ersten Mal nach Bosnien aufgebrochen. Zusammen mit einheimischen Fachfrauen habe ich in der Stadt Zenica das erste Therapiezentrum für Überlebende sexualisierter Kriegsgewalt aufgebaut.

Für medica mondiale war von Beginn an klar, dass sich unser Einsatz nicht mit einem Friedensabkommen erledigt. Vergewaltigungen haben langwierige Folgen, auf individueller ebenso wie auf gesellschaftlicher Ebene, und ebenso langfristig muss der Einsatz dagegen sein. Trotz jahrelanger Aufklärungsarbeit unserer Partnerinnen bricht das Thema im öffentlichen Bewusstsein immer wieder weg. Auch heute wird in Bosnien und Herzegowina kaum über die Kriegsvergewaltigungen und ihre Folgen gesprochen. Und doch gibt es Signale, die mich hoffnungsvoll stimmen. Eines davon ist der Verein „The Forgotten Children of War“. Dafür hat sich die Tochter einer unserer ersten Klientinnen mit anderen Kindern von Überlebenden zusammengetan. Gemeinsam bringen sie das Thema mitten in die bosnische Gesellschaft und machen auf ihre anhaltende Stigmatisierung aufmerksam.

Ein weiteres positives Signal erreichte uns Ende des Jahres. Die Verleihung des Friedensnobelpreises an Denis Mukwege und Nadia Murad ist eine wichtige Anerkennung für den Kampf gegen sexualisierte Gewalt in bewaffneten Konflikten. Dabei bleibt es wichtig, Kriegsvergewaltigungen nicht auf die Demokratische Republik Kongo oder den sogenannten IS zu reduzieren. Ob in Bosnien, im Kosovo, im Irak und in Afghanistan, ob in Ruanda, Uganda, Burundi oder Liberia: Sexualisierte Gewalt stellt in bewaffneten Konflikten nicht die Ausnahme, sondern die Regel dar. Sie ist in Kriegszeiten allgegenwärtig, weil sie in Friedenszeiten toleriert wird.

Ebenso wichtig ist es, das Thema nicht auf die Weltbühne auszulagern. Für einen glaubwürdigen, nachhaltigen Einsatz müssen wir uns auch in Deutschland klar gegen sexualisierte Gewalt und ihre Tabuisierung positionieren. Die jahrzehntelang beschwiegenen Übergriffe in Internaten und in der katholischen Kirche müssen ebenso Teil der öffentlichen Diskussion werden wie die Gewalterfahrungen von Frauen und Mädchen in deutschen Flüchtlingseinrichtungen.

Und so bietet unser Jubiläum Grund zu feiern – und zeigt uns gleichzeitig, wie wichtig unsere Arbeit weiterhin ist. Mit Ihrer Unterstützung kämpfen wir für den Schutz und die Stärkung von Frauen und Mädchen weltweit: kompromisslos, nachhaltig und konsequent feministisch.

Dr. Monika Hauser