11 Tipps für Ehrenamtliche im Kontakt mit geflüchteten Frauen von medica mondiale 2015
Auf der Flucht erleben viele Frauen und Mädchen sexualisierte Gewalt durch Schlepper, Mitflüchtende oder lokale Ordnungskräfte. Angekommen in den überfüllten Flüchtlingsunterkünften setzt sich die Gewalt oft fort in Form von Übergriffen oder Zwangsprostitution.
Ein Gefühl der Sicherheit (zurück-)gewinnen
Das Erlebte kann für die Frauen lang anhaltende soziale, psychische und körperliche Folgen haben. Um die traumatischen Erfahrungen verarbeiten zu können, ist es für die Überlebenden essentiell, dass sie sich stabilisieren und ein Gefühl der Sicherheit (zurück-)gewinnen können. Hierzu können auch engagierte HelferInnen im Kontakt mit Geflohenen beitragen, beispielsweise indem Sie auf die Kraft ihres Gegenübers vertrauen. Wichtig ist auch, dass Sie als Ehrenamtliche sich nicht überfordern.
Gemeinsam Stärken und Grenzen erkennen
Mit den folgenden 11 Tipps – die auch im Umgang mit geflohenen Männern gelten – möchten wir Menschen in der Arbeit mit Zufluchtsuchenden unterstützen und dazu beitragen, dass Stärken und Grenzen – auf beiden Seiten – erkannt und gewahrt werden.
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Vertrauen Sie der Stärke Ihres Gegenübers. Auch wenn die Frauen traumatische Erfahrungen gemacht haben: Die meisten werden die Folgen des Erlebten aus eigener Kraft überwinden können.
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Unterstützen Sie Ihr Gegenüber, diese Stärke auch wahrzunehmen. Fragen Sie die Frau, was ihr in der Vergangenheit gut getan hat. Fragen Sie nach positiven Erinnerungen, nach Zielen und Träumen. Auch wenn die Frau jetzt mit Gefühlen der Hilflosigkeit konfrontiert ist, verfügt sie über viele Kompetenzen.
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Vertrauen Sie auf das Bauchgefühl, das Sie auch im Umgang mit anderen Mitmenschen nutzen. Ihre natürliche Empathie ist Ihr Kompass.
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Fragen Sie nach, sobald Sie sich unsicher sind, ob Ihr Verhalten angemessen ist. Wenn nicht mit Worten, dann mit einem fragenden Blick oder einer kleinen Skizze.
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Für Männer: Suchen Sie keinen Körperkontakt. Für Frauen: Bieten Sie Körperkontakt, zum Beispiel eine Berührung am Arm, nur sehr zurückhaltend an. Achten Sie auf Signale Ihres Gegenübers wie Gesten, um abzuschätzen, ob die Berührung erwünscht ist.
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Erklären Sie Ihre Rolle innerhalb des Helfersystems sowie Möglichkeiten und Grenzen der Unterstützung, zum Beispiel, wann Sie wie erreichbar sind und wer Sie vertritt.
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Fragen Sie nicht neugierig nach vergangenen Erlebnissen wie Flucht oder dem Krieg. Wenn die Frau signalisiert, erzählen zu wollen, hören Sie aufmerksam zu, aber wahren Sie Grenzen (siehe 8).
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Suchen Sie einen Weg das Gespräch umzuleiten, wenn Sie oder Ihr Gegenüber Reaktionen zeigen wie Schwitzen, Zittern, Atembeschwerden, Taubheitsgefühle oder eingeschränkte Wahrnehmung von Zeit und Umgebung. Bieten Sie ein Glas Wasser an, fragen Sie die Frau, ob sie gerne frische Luft hätte und sagen Sie ihr, wie stark es ist, dass sie so schwere Dinge überlebt hat.
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Seien Sie geduldig. Stress- und Traumareaktionen können sich in Konzentrationsschwäche äußern. Ärgern Sie sich nicht, wenn Ihre Erklärungen oder Hinweise nicht umgesetzt oder vergessen wurden.
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Wahren Sie vor (männlichen) Familienmitgliedern die Intimsphäre der Frau und stellen Sie keine Fragen, die ihre Würde als Frau verletzen oder Schamgefühle berühren könnten.
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Überfordern Sie sich nicht. Achten Sie auf die Signale ihres Körpers, machen Sie Pause vom Helfen und sorgen Sie für Abwechslung in Ihrem Leben - denn Ihre Hilfe wird langfristig gebraucht.
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Unsere Checkliste mit den wichtigsten Tipps für die Arbeit mit Geflüchteten. Die Übernahme, Nutzung und Verbreitung ist bei Kennzeichnung der Urheberschaft gestattet. Um eine kurze Info wird gebeten.
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