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28. Oktober 2022 - Meldung

Kosovo: Konferenz über die Dokumentation konfliktbedingter sexualisierter Gewalt

Die blutigen Konflikte in Afghanistan seit Ende der 1970er Jahre, die Jugoslawien-Kriege in den 1990er Jahre, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine 2022 – das sind nur einige der jüngeren Konflikte, in denen es sexualisierte Kriegsgewalt gegen Frauen und Mädchen gab. Sexualisierte Gewalt zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Ihr Ausmaß aber bleibt im Dunkeln, das Zählen und Dokumentieren herausfordernd. Um sich über best practices fachlich auszutauschen, hat unsere Partnerorganisation KRCT eine Konferenz organisiert.

Fünf Frauen sitzen an einem langen Tisch. Im Hintergrund sind Plakate mit dem Titel der Konferenz zu sehen.

„Eine der größten Herausforderungen für Frauen, die sexualisierte Kriegsgewalt überlebt haben, ist die Stigmatisierung: durch die Gesellschaft, aber auch durch die eigene Familie,“ berichtet Mirlinda Sada von Medica Gjakova über ihre Erfahrung im Kosovo. Viele Überlebende schweigen aus Scham oder aus Angst, ausgegrenzt zu werden. Und die Gesellschaft hat kaum Interesse an einer Aufarbeitung. Vergewaltigungen von Frauen und Mädchen durch den Gegner passen nicht in nationalistische Heldenerzählungen. Doch ohne Aufarbeitung keine Gerechtigkeit.

„Die Dokumentation von sexualisierter Kriegsgewalt ist der erste Schritt zur Ermittlung der Wahrheit, die Überlebende zu ihrem Heilungsprozess und Täter zu Rechenschaft und Gerechtigkeit führen kann.”

Sanja Pavlovic, AWC - Autonomes Frauenzentrum (Serbien)

Dokumentation: Voraussetzung für Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung

Unsere Partnerorganisation Kosova Rehabilitation Center for Torture Victims (KRCT) lud Mitte Oktober zur internationalen Konferenz „Dokumentation von konfliktbedingter sexualisierter Gewalt“. Zahlreiche Organisationen nahmen an der Tagung in der kosovarischen Hauptstadt Prishtina teil, darunter Partnerorganisationen von medica mondiale. Die Teilnehmenden aus dem Kosovo, Bosnien, der Ukraine, Kolumbien und Serbien tauschten Erfahrungen aus und diskutierten die Bedeutung von Dokumentation als Voraussetzung dafür, dass Überlebende ihr Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung wahrnehmen können.  

„Dokumentation ist wichtig, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, um Gerechtigkeit zu schaffen – und um die nachfolgenden Generationen über ihre Vergangenheit aufzuklären und die Wiederholung solcher Verbrechen zu verhindern.”

Ardita Meta Dikaj, KRCT - Kosova Rehabilitation Center for Torture Victims (Kosovo)  

 

Best practice: Handbuch zur Dokumentation konfliktbezogener sexualisierter Gewalt

Hervorgehoben wurde unter anderem die Arbeit von KRCT, Medica Kosova, The Centre for Promotion of Women's Rights und Medica Gjakova (Kosovo). Die vier Frauenrechtsorganisationen haben sich intensiv mit dem Aufbau guter Verfahren der Dokumentation sexualisierter Kriegsgewalt nach dem Krieg in Kosovo beschäftigt. Ihre Ergebnisse haben die Autor:innen im „Handbuch zur Dokumentation von konfliktbezogener sexualisierter Gewalt“ zusammengefasst, das auch Frauenrechtsorganisationen in anderen Ländern, wie beispielsweise der Ukraine, in ihrer Arbeit nutzen können. medica mondiale unterstützt den Dokumentationsprozess im Kosovo und ermöglicht den wertvollen Austausch über bewährte Verfahren zwischen den Organisationen in der Region und weltweit.

„Dokumentation ist wichtig, um zu erkennen, welchen Bedarf an Unterstützung Überlebende haben, und um das Bewusstsein für das Trauma sexualisierter Gewalt zu schärfen.”

Sabiha Husic, Medica Zenica (Bosnien-Herzegowina)