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21. Mai 2024 - Meldung

Bosnien und Herzegowina: Einsatz gegen digitale Gewalt

Digitale Gewalt gegen Frauen steigt seit einigen Jahren in Bosnien und Herzegowina massiv an. Die medica mondiale-Partnerorganisation Center of Women’s Rights (CWR) setzt sich dafür ein, dass Frauen besser vor Gewalt via Mobiltelefone und Messengerdienste geschützt und Täter:innen zur Rechenschaft gezogen werden.

Eine Frau sitzt mit gesenktem Kopf auf dem Bett und hält sich mit einer Hand die Augen zu. In der anderen Hand hält sie ihr Handy.
Digitale Drohungen gegen Frauen steigen massiv an.

Die Anrufe kommen morgens beim Kaffeekochen. Während der Arbeit. Nachts. „Die Dunkelheit wird dich verschlingen.“ „Du wirst aufhören zu existieren.” Andere Drohungen kündigen sich mit einem freundlichen „Pling“ auf Whatsapp an oder erscheinen als Kommentar auf Facebook.

„In den letzten zwei Jahren hat Gewalt gegen Frauen durch ehemalige Partner:innen aufgrund der technologischen Entwicklung und der Reichweite moderner Informations- und Kommunikationstechnologien zugenommen.“

Meliha Sendić, Präsidentin Center of Women’s Rights

Die Organisation Center of Women’s Rights (CWR) aus Bosnien und Herzegowina unterstützt Überlebende sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt und bietet ihnen unter anderem kostenlos juristische Unterstützung an.

Neue Technologien, alte Gesetze

„Digitale Gewalt“ umfasst verschiedene Formen der Belästigung, Diskriminierung, Herabsetzung und Nötigung, die mithilfe technischer Geräte und digitaler Medien wie Smartphones, Apps oder E-Mails ausgeübt werden. Mit den neuen Technologien erhalten Täter:innen neue Möglichkeiten, Frauen Gewalt anzutun. Doch im Strafgesetzbuch der Föderation Bosnien und Herzegowina kommt der virtuelle Raum als Tatort nicht vor – und Polizei und Justiz fehlt die Rechtsgrundlage, um gegen digitale Gewalt vorzugehen. Damit die Beamt:innen einschreiten können, muss eine konkrete Bedrohung von Leben und Würde nachgewiesen sein. 

Die veralteten Gesetze und die Anonymität der neuen Medien schützen die Täter:innen. Sendić und ihre Mitstreiter:innen haben deshalb 2022 eine Gesetzesinitiative zur Änderung des Strafgesetzbuches der Föderation Bosnien und Herzegowina angestoßen. Denn sie wissen: Digitale Gewalt ist häufig Teil bereits bestehender Gewaltverhältnisse und -dynamiken – und wird im realen Leben fortgesetzt.

„Nicht nur digitale Gewalt nimmt zu. Auch die Fälle von physischer Gewalt gegen Frauen und Morde durch (Ex-) Partner:innen steigen seit einiger Zeit an.“

Meliha Sendić

Meliha Sendić berichtet von einem Fall, der in erschreckender Weise verdeutlicht, wie sich im Zusammenspiel von Online und Offline die Wirkung brutaler Gewalt vervielfachen kann: Im August 2023 streamte ein Mann den Mord an seiner Ex-Partnerin live auf der Social-Media-Plattform Instagram. Das Video erhielt rund 300 Likes, bevor es gelöscht wurde. „Danach riefen bei uns viele Frauen an, weil sie um ihr Leben fürchteten“, berichtet Sendić.

Netzwerk sichert Unterstützung auch in abgelegenen Regionen

Das Team von CWR begleitet pro Jahr rund 1.000 Überlebende sexualisierter Gewalt und Frauen, die von Gewalt bedroht sind. Ein Netzwerk aus 80 Fachkräften stellt sicher, dass auch Betroffene in abgelegenen Regionen die Unterstützung des Zentrums in Anspruch nehmen können. Gemeinsam erkämpfen sie Sicherheit, Unterhalt und Entschädigung für die erlittene Gewalt. Anwält:innen des Zentrums schreiben Gutachten und Anträge. Sie helfen, Täter:innen vor Gericht zu bringen. Darüber hinaus unterstützt CWR die Überlebenden bei Bedarf psychosozial, informiert Frauen über ihre Rechte und schult Sozialarbeiter:innen im traumasensiblen Umgang mit gewaltbetroffenen Frauen. 

Die Fachkräfte in den Sozialzentren schätzen ebenso wie Polizeibeamt:innen und Justizangestellte die Arbeit des CWR: Fast die Hälfte der Klient:innen werden über Institutionen vermittelt, berichtet Sendić.

„Sie wissen, dass wir da sind, wenn eine Frau Unterstützung braucht.“ 

Meliha Sendić

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