Suche
14. Januar 2025 - Meldung

Unser Jahresrückblick 2024

2024 war ein Jahr, das uns erneut vor Augen geführt hat, wie dringend Frauen und Mädchen weltweit Unterstützung brauchen – aber auch, wie viel erreicht werden kann, wenn Solidarität und Mut zusammentreffen.

Teilnehmer:innen des Kick-off Treffens zum Projekt „Safer Spaces: Strengthening feminist action and collective care of Afghan women-led organisations and activists“ im Juli 2024 in Bonn

Gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen haben wir uns unermüdlich für die Rechte und Würde von Frauen und gegen sexualisierte Kriegsgewalt eingesetzt – in Burundi und der Demokratischen Republik Kongo, in Kosovo und in Liberia. Auch das zehnjährige Gedenken an den Genozid an den Jesid:innen im Irak erinnerte uns daran, wie wichtig langfristige Unterstützung für Überlebende ist. Gleichzeitig haben wir mit neuen Projekten, wie dem Fokus auf Trauma und Kinder, wichtige Schritte für eine bessere Zukunft gesetzt. Besonders bewegend war außerdem die Verleihung des Menschenrechtspreises der Gerhart und Renate Baum-Stiftung an die afghanischen Aktivist:innen von Hami – Women Empowerment Organization , denen mit unserer Unterstützung die Flucht nach Deutschland gelang und die trotz widrigster Umstände immer weiter für Frauenrechte kämpfen. Erfahren Sie in diesem Rückblick mehr über die Highlights aus den Regionen und Meilensteinen, die uns als Organisation noch stärker gemacht haben.

1. Rückblick 2024 - Highlights aus den Regionen

Afghanistan: Menschenrechtspreis für evakuierte Aktivistinnen

Für die Frauenrechtsaktivist:innen von Hami war 2024 ein Jahr der Anerkennung und des Aufbruchs. Der Verein aus dem Raum Frankfurt am Main unterstützt und stärkt Frauen, die traumatische Erfahrungen gemacht haben, mit rechtlicher und psychosozialer Beratung. Hami wurde 2023 von 30 Frauenrechtsaktivistinnen gegründet, die nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan das Land verlassen mussten. Mit unserer Unterstützung gelang ihnen die Flucht nach Deutschland, wo sie sich nun weiter für Frauenrechte einsetzen.

Ihr Engagement wurde im Herbst 2024 mit dem Menschenrechtspreis der Gerhart und Renate Baum-Stiftung gewürdigt – eine Auszeichnung, die weit über Deutschland hinaus ein starkes Signal sendet. Sie zeigt: Frauen, die alles riskieren, um für Geschlechtergerechtigkeit zu kämpfen, verdienen nicht nur Schutz, sondern auch Respekt und Solidarität. Die Aktivist:innen von Hami erinnern uns daran, dass selbst unter den schwierigsten Bedingungen Hoffnung und Veränderung möglich sind.

Irak: Lotus Flower – Unterstützung für Geflüchtete  

Der Genozid an den Jesid:innen durch den sogenannten Islamischen Staat jährte sich 2024 zum zehnten Mal, und die Wunden dieses Verbrechens sind noch lange nicht verheilt. Viele Jesid:innen und andere Binnenvertriebene – Frauen, Kinder, ganze Familien – leben weiterhin in Geflüchtetencamps. Sie sind täglich mit den Folgen von Gewalt und Verlust konfrontiert. Unsere Partnerorganisation Lotus Flower hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Frauen und Mädchen neuen Halt zu geben. Mit psychosozialer und rechtlicher Unterstützung, Kunsttherapie und Sportangeboten wird ihnen ein Raum geschaffen, in dem sie ihre Stärke zurückgewinnen können. Davon durften sich einige unserer Mitarbeiterinnen im Juni 2024 auf ihrer Projektreise in die Region selbst ein Bild machen – und sogar selbst an einem Boxkurs im Rwanga Camp teilnehmen!

Große Seen: Starke Kinder und stabile Familien

In Burundi, Uganda und der Demokratischen Republik Kongo trifft Gewalt oft schon die Jüngsten. In unserem neuen Projekt „Trauma und Kinder“ lernen darum Mitarbeiter:innen unserer Partnerorganisationen sowie Lehrer:innen, Erzieher:innen und Eltern, betroffenen Kindern Sicherheit und Stabilität zu geben. Gemeinsam mit unseren Partner:innen kombinieren wir psychosoziale Unterstützung, Workshops und Schulungen, um sowohl den Kindern als auch ihren Familien zu helfen, einen neuen Weg zu finden. Besonders eindrucksvoll ist es, die Veränderung zu sehen: Kinder, die anfangs still und zurückgezogen sind, beginnen wieder zu lachen, zu spielen und von einer besseren Zukunft zu träumen. Die Trainings und Übungen helfen nicht nur den betroffenen Kindern, sondern stärken auch die Gemeinschaften, in denen sie leben. Deshalb möchten wir 2025 das Projekt auf Westafrika und andere Regionen ausweiten. Gemeinsam überwinden wir so das Erbe der Gewalt.

Südosteuropa: Langzeitfolgen sexualisierter Kriegsgewalt in Kosovo

Die Gewalt der Vergangenheit wirft in Kosovo auch heute noch lange Schatten. 2024 haben wir eine umfassende Studie veröffentlicht, die die Langzeitfolgen sexualisierter Kriegsgewalt beleuchtet.

 

Die Studie dokumentiert die tiefgreifenden und langfristigen physischen, psychischen und sozialen Folgen sexualisierter Kriegsgewalt, die von komplexen Posttraumatischen Belastungsstörungen und Depressionen über Kopfschmerzen und Müdigkeit bis zu Misstrauen und vermehrter Angst reichen und so das Leben der Betroffenen auch noch 25 Jahre nach der Gewalterfahrung prägen. Sie zeigt, welche Erfahrungen die Überlebenden in ihrer sozialen und gesellschaftlichen Umgebung machen und welche Bedeutung Unterstützungsangebote wie die von medica mondiale und Medica Gjakova für die Überlebenden haben.

Westafrika: Ein Leben in Würde in Liberia

Während des grausamen Bürgerkriegs in Liberia (1989–2003) wurden zwischen 60 und 70 Prozent der Frauen und Mädchen vergewaltigt. Mehr als zwei Jahrzehnte nach Ende des bewaffneten Konflikts ist die Gewalt noch immer gegenwärtig. Unsere Partnerorganisationen vor Ort, Medica Liberia, leistet hier unverzichtbare Arbeit. Sie bieten psychosoziale Unterstützung, fördern wirtschaftliche Unabhängigkeit und schaffen sichere Räume, in denen Frauen wieder Vertrauen aufbauen können – in sich selbst und in ihre Gemeinschaft. Es ist bewegend zu sehen, wie die Frauen neue Perspektiven finden und sogar anderen Mut machen. Ihre Geschichten sind ein leuchtendes Beispiel dafür, was möglich ist, wenn Frauen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen.

Deutschland: Für sexuelle Selbstbestimmung – weg mit 218:

Auch in Deutschland haben wir 2024 wichtige Impulse gesetzt, um das Thema sexuelle Selbstbestimmung weiter voranzutreiben. Unser Engagement gegen den Paragrafen 218 des Strafgesetzbuchs , der Schwangerschaftsabbrüche noch immer kriminalisiert, fand viel Resonanz. Gemeinsam mit anderen Frauenrechtsorganisationen haben wir lautstark gefordert: Schwangerschaftsabbrüche müssen entkriminalisiert und der legale und sichere Zugang dazu als Teil der regulären Gesundheitsversorgung anerkannt werden! Denn sexuelle Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht, und dieses Recht darf nicht von strafrechtlichen Hürden eingeschränkt werden.

Mit politischen Aktionen, Kampagnen und Vernetzungsarbeit haben wir dazu beigetragen, eine starke Bewegung zu stärken – für Frauen, die frei und selbstbestimmt über ihren Körper entscheiden können. Dieses Engagement hat gezeigt: Auch in Deutschland gibt es noch viel zu tun, um echte Gleichberechtigung zu erreichen. Aber die wachsende Solidarität und der öffentliche Druck machen Hoffnung, dass der gesellschaftliche Wandel näher rückt.

3. Weitere medica mondiale Meilensteine 2024:

Unser Redesign: Ein kraftvolles Statement gegen sexualisierte Kriegsgewalt

Ein besonderes Highlight in diesem Jahr war das Redesign unserer Organisation im Herbst 2024 – ein frischer, moderner Auftritt, der unsere Mission noch klarer in den Mittelpunkt rückt. Unser neues Design spiegelt unsere Überzeugungen wider. Es ist kraftvoll, klar und engagiert. Gleichzeitig haben wir darauf geachtet, dass es die Sensibilität unserer Themen angemessen repräsentiert. Durch eine Mischung an starken, modernen Farben können wir die Vielfalt unserer Arbeit noch besser zum Ausdruck bringen. medica mondiale bleibt auch in Zukunft unerschrocken und unermüdlich im Einsatz gegen sexualisierte Kriegsgewalt und für eine gerechtere Welt. Das neue Corporate Design ist ein weiterer Schritt, um unsere wichtige Arbeit sichtbar zu machen. 

 

Gemeinsam auf die Straße: Gegen den Rechtsruck – für Frauenrechte und Selbstbestimmung

2024 war nicht nur ein Jahr des Engagements in unseren Regionen weltweit, sondern auch ein Jahr des entschlossenen Einsatzes hier in Deutschland. Unsere Mitarbeiter:innen, Unterstützer:innen und Verbündete waren auf zahlreichen Demonstrationen präsent, um gegen den erstarkenden Rechtsruck und die damit einhergehenden Angriffe auf Frauenrechte Stellung zu beziehen.

Am Weltfrauentag 2024 haben wir die Kraft und den Mut von Überlebenden sexualisierter Gewalt weltweit gewürdigt und gleichzeitig die strukturellen Ursachen für diese Verbrechen angeprangert: die patriarchalen Machtverhältnisse, die Frauen systematisch benachteiligen und Gewalt ermöglichen. Ob in Kriegs- oder Friedenszeiten – diese Strukturen müssen aufgebrochen werden, um echte Gleichberechtigung und ein Ende der Gewalt zu erreichen.

Mit unserer Teilnahme an Demonstrationen und Aktionen haben wir ein klares Zeichen gesetzt: Gegen den Hass, gegen die Unterdrückung und für eine solidarische Gesellschaft, die Frauenrechte schützt und stärkt.

4. Ausblick 2025

Bundestagswahlen 2025 – Hand in Hand gegen Hass & Antifeminismus

Das Jahr 2025 steht vor großen Herausforderungen – und ebenso großen Chancen. Mit der Bundestagswahl Ende Februar rückt ein entscheidender Moment für die Frauenrechtsarbeit in Deutschland näher. medica mondiale wird die Gelegenheit nutzen, um zentrale Forderungen zur Bekämpfung von sexualisierter Kriegsgewalt und zur Stärkung von Frauenrechtsaktivist:innen in Deutschland und weltweit in den politischen Fokus zu rücken. Dazu gehört auch die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen nach Paragraf 218 Strafgesetzbuch. Geplant sind Kampagnen und gezielte politische Arbeit, um den Schutz von Frauenrechten als Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft zu stärken.

Multimediaprojekt Afghanistan

Ein weiteres Highlight im Jahr 2025 wird unsere multimediale Ausstellung „Weil wir Frauen sind.“ über und mit evakuierten Frauenrechtsaktivistinnen aus Afghanistan sein, die vom 31. Januar bis zum 13. April. Januar 2025 im Rauten-Strauch-Joest Museum in Köln zu sehen sein wird.  Sie wird die Geschichten dieser mutigen Frauen erzählen, die sich trotz widrigster Umstände für gewaltbetroffene Frauen und Geschlechtergerechtigkeit eingesetzt haben – in ihrer Heimat und nun auch in Deutschland. Erleben Sie die Ausstellung ab dem 31.01.2025 auch digital unter https://medicamondiale.org/weil-wir-frauen-sind.

2025 wird ein Jahr des aktiven Handelns und Gestaltens. Gemeinsam mit unseren Unterstützer:innen werden wir weiterhin gegen sexualisierte Kriegsgewalt einsetzen. Für eine gerechtere Welt. Für alle. Wir freuen uns, dass Sie an unserer Seite sind!