Neue Studie zu den Langzeitfolgen sexualisierter Kriegsgewalt in Kosovo
Ausgangslage und Hintergrund
Der Kosovo-Krieg (1997-1999) war das letzte Kapitel des gewaltsamen Zerfalls Jugoslawiens. Sexualisierte Kriegsgewalt war neben anderen Menschenrechtsverletzungen allgegenwärtig. Sie fand in Wohnungen, Hotels, Checkpoints, auf Polizeistationen und in Verwaltungsgebäuden statt. In ländlichen Gebieten war sie zusammen mit anderen Verbrechen wie Massentötungen oder Zwangsvertreibungen Teil streng kontrollierter und koordinierter Militäroperationen.
Feministische Aktivist:innen und Organisationen gehörten zu den Ersten, die Überlebende sexualisierter Gewalt aufsuchten und unterstützen. Dazu zählt auch medica mondiale. In Zusammenarbeit mit lokalen Aktivist:innen eröffneten wir 1999 in der Stadt Gjakova ein Zentrum zur Unterstützung von Überlebenden sexualisierter Kriegsgewalt. Aus dieser Zusammenarbeit entstand die Frauenrechtsorganisation Medica Gjakova, die sich für die Unterstützung von Überlebenden und für die Verbesserung der Rechte von Frauen einsetzt.
Studie dokumentiert die tiefgreifenden Langzeitfolgen sexualisierter Gewalt
Bislang gibt es wenig empirisch fundiertes Wissen über die Langzeitfolgen von sexualisierter Kriegsgewalt und die Situationen der Überlebenden. Aus diesem Grund haben wir mit Medica Gjakova eine Studie in Kosovo durchgeführt. Die interdisziplinär angelegte Studie stützt sich auf Aussagen von 200 Überlebenden und liefert Zahlen und detaillierte Beschreibungen zu den Langzeitfolgen sexualisierter Kriegsgewalt.
Die Studie dokumentiert die tiefgreifenden und langfristigen physischen, psychischen und sozialen Folgen sexualisierter Kriegsgewalt, die von komplexen Posttraumatischen Belastungsstörungen und Depressionen über Kopfschmerzen und Müdigkeit bis zu Misstrauen und vermehrter Angst reichen und so das Leben der Betroffenen auch noch 25 Jahre nach der Gewalterfahrung prägen. Sie zeigt, welche Erfahrungen die Überlebenden in ihrer sozialen und gesellschaftlichen Umgebung machen, welche Bewältigungsstrategien ihnen Kraft geben und welche Bedeutung Unterstützungsangebote wie die von medica mondiale und Medica Gjakova für die Überlebenden haben.
Die in unserer Studie dokumentierten Langzeitfolgen sehen wir nicht nur in Kosovo, sondern auch in unseren Projektregionen in Westafrika, den Großen Seen Afrikas, in Afghanistan und im Irak und in Südosteuropa. Sie stehen exemplarisch für die Folgen sexualisierter Kriegsgewalt, auch in anderen Konflikt- und Postkonfliktregionen weltweit.
Frauen, die sexualisierte Kriegsgewalt überlebt haben, brauchen langfristige Unterstützung. Und genau diese bieten wir. Wir bleiben über Jahrzehnte an der Seite der Frauen. Unterstützen Sie jetzt unserer Arbeit und reichen Sie damit Frauen die Hand auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben - in Kosovo und weltweit.