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06. März 2022 - Meldung

Afghanistan: Neue Welle der Repression gegen Frauenrechtsaktivistinnen

Pressemitteilung: Köln, 06. März 2022. Weltweit werden Frauenrechtsaktivist:innen an ihrer Arbeit gehindert, bedroht und verfolgt. Am Weltfrauentag weist medica mondiale auf die besonders schwierige Situation von afghanischen Frauenrechtsaktivist:innen hin. Während die Internationale Gemeinschaft insbesondere auf die Ukraine schaut, beobachtet medica mondiale, wie die Taliban mit einer neuen Welle der Repression gegen Aktivist:innen und ehemalige Ortskräfte vorgehen.

Portraitfoto von Soraya Sobhrang und Monika Hauser

„Die Taliban nutzen die aktuelle Nachrichtenlage, um wieder verstärkt gegen Menschen vorzugehen, die sich in der Vergangenheit für Menschenrechte und eine freie Gesellschaft eingesetzt haben. Häuser werden durchsucht, Menschen bedroht und verhaftet. Die Familien von Aktivistinnen werden gewaltsam dazu gezwungen, Informationen zum Aufenthaltsort ihrer Angehörigen preiszugeben”, sagt Monika Hauser, Vorständin von medica mondiale: „Afghanistan muss im Fokus der deutschen Außenpolitik sein. Die Bundesregierung muss ihrer Verantwortung gerecht werden und sich auf allen Ebenen für den Schutz von Frauenrechtsaktivist:innen und anderen gefährdeten Menschen in Afghanistan einsetzen”, so Hauser.

Einsatz für Frauenrechte in Afghanistan ist lebensgefährlich

Seit dem Machtumsturz im August 2021 wurden Frauen zusehends aus dem öffentlichen Leben verdrängt. Ihnen wird politische Teilhabe und der Zugang zu Bildung verwehrt. „Aktivistinnen, die sich gegen Repressionen auflehnen und für die Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen kämpfen, sind in ihrem Leben bedroht”, sagt Soraya Sobhrang, Direktorin der afghanischen Partnerorganisation von medica mondiale: „Frauen, die protestieren und Widerstand ausüben, sind in Lebensgefahr. Sie werden bedroht, verfolgt und verhaftet. Es gibt derzeit keine sichere Möglichkeit für Frauen, ihre Rechte öffentlich einzufordern.”

„Frauenrechtsaktivist:innen haben in den vergangenen 20 Jahren mit Mut und Beharrlichkeit Unterstützungsstrukturen für gewaltbetroffene Frauen aufgebaut. Jetzt gibt es keine Anlaufstellen mehr, an die sich gewaltbetroffene Frauen wenden können. Auch selbstorganisierte Gruppen von Betroffenen können sich nicht mehr ohne Angst vor Verfolgung treffen”, sagt Sobhrang, deren Organisation mehrere solcher Beratungsstellen für Frauen in Afghanistan betrieben hat. 

Unsere Forderungen an die Bundesregierung: Evakuierung, Unterstützung und Repräsentanz

Die deutsche Bundesregierung müsse jetzt Wege finden, wie Frauenrechtsaktivistinnen vor Ort und im Exil bei ihrer Arbeit unterstützt werden können.

Dazu gehören:

  • Evakuierungen für Aktivistinnen, die das Land verlassen wollen
  • Unterstützung von Schutzmaßnahmen für Aktivistinnen, die im Land weiterarbeiten wollen
  • Garantie der politischen Repräsentanz von Frauenrechtsaktivist:innen und ihrer Anliegen bei allen Verhandlungen mit den Taliban

„Der ‚Aktionsplan Afghanistan‘ der Bundesregierung enthält wesentliche Forderungen. Doch es fehlen konkrete Maßnahmen, wie er jetzt umgesetzt werden soll”, so Monika Hauser.

„Frauenrechtsaktivistinnen müssen mit am Verhandlungstisch sitzen”

„Frauenrechtsaktivistinnen brauchen jetzt internationale politische Solidarität und Unterstützung. Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass bei allen Gesprächen mit den Taliban Frauenrechte als zentrales Thema auf der Tagesordnung stehen.“ sagt Hauser und Sobhrang ergänzt: „Verhandlungen dürfen nicht nach den Spielregeln der Taliban laufen. Das heißt, afghanische Frauenrechtsaktivistinnen müssen mit am Verhandlungstisch sitzen. Sie sind es, die in den vergangenen 20 Jahren die größten Errungenschaften für Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und eine freie Gesellschaft erreicht haben. Unsere Anliegen müssen in jeder Übereinkunft mit den Taliban berücksichtigt werden.”

Maßnahmen gegen humanitäre Krise und Schutz von Frauenrechten müssen Hand in Hand gehen

„Frauenrechte sollten kontinuierlich eingefordert werden und dabei mit Maßnahmen zur Bekämpfung der humanitären Krise Hand in Hand gehen“, sagt Hauser. Afghanistan befindet sich sechs Monate nach der Machtübernahme der Taliban in einer tiefen humanitären Krise. Weit über die Hälfte der afghanischen Bevölkerung ist von Hunger bedroht. Internationale Gelder müssen schnellstmöglich bei der afghanischen Bevölkerung ankommen. Zudem sollte Druck gemacht werden, damit die Taliban Frauen und Mädchen den Zugang zu Hilfslieferungen gewährleisten. medica mondiale hat vor 20 Jahren eine afghanische Partnerorganisation aufgebaut, mit der sie bis August 2021 Projekte für gewaltbetroffene Frauen und Mädchen im Land umgesetzt hat. Seitdem setzt die Organisation alles daran, die 90 Mitarbeitenden der Partnerorganisation mit ihren Familien dabei zu unterstützen, das Land zu verlassen und sicher in Deutschland anzukommen. Mittlerweile ist der Großteil der Kolleginnen in Deutschland.  

Monika Hauser, Gründerin und Vorständin von medica mondialeund Soraya Sobhrang, Direktorin der afghanischen Partnerorganisation, stehen für Interviews bereit.

Kontakt:
Helena Haack, Pressereferentin 
presse@medicamondiale.org
Telefon: 0162 6825 603